„In an Dörlf wie Dorf…“ 🇦🇹

von | 27. Juni 2019

Pongau | Ende April, Anfang Mai war die Kuppel im Pongau unterwegs, einer Region im Süden des Bundeslandes Salzburg. Dorthin geführt hat uns die Zusammenarbeit mit dem Projekt Queerbeet – einer Initiative, der es um die kulturelle Vielfalt und den Dialog im ländlichen Raum geht.

Als wir am ersten Tag unserer Tour morgens die Kuppel aufzubauen begannen, zogen tiefe Wolken über unsere Köpfe hinweg, eine Stunde vorher fiel noch Schnee und jetzt regnete es. Aber die Gastgeber vor Ort hatten für eine Heizung unter der Kuppel gesorgt und dank unserer Plane konnte das Kuppelgespräch stattfinden. Doch werden bei einem solchen Wetter überhaupt Menschen kommen? Sie kamen – die Salzburger lassen sich scheinbar vor Nässe und Kälte nicht abschrecken.

Das Gespräch war dann sehr lebendig, es ging hin und her und Peter Frank und ich, die wir mit der Kuppel von außen hinzukamen, konnten erfahren, was ein „Dörfl wie Dorf“ bewegt. Mit „Dorf“ ist Dorfgastein gemeint, wo man am Abend mit Zug oder Bus gar nicht mehr herein- oder herauskommt „aus dem Loch“.

Zum Auftakt war die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer und Georg Pfeifer, der Leiter des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments, eingeladen. Auch Bürgermeister und Vizebürgermeister waren in der Runde.

Als die kleinste Gemeinde im Gasteinertal wurde Dorfgastein bewusst als Auftakt für die drei Stationen der Tour gewählt. Das Dorf ist wie die Region insgesamt sehr geprägt vom Tourismus und eine der größten Herausforderungen ist es, die jungen Menschen zu halten. Welche Zukunftsperspektiven gibt es oder könnte es in der Zukunft geben.

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„Was ich beobachte ist, dass unsere jungen Leut schon in Europa und in der ganzen Welt herumschwirren und den Dialog aufnehmen. Aber wichtig ist auch, dass sie die Möglichkeiten haben, wieder zurückzugehen, um die Vielfalt wieder in den Ort zu bringen.“

Elfriede Hochreiter

Volksschul-Lehrerin in Dorfgastein

Eine Stunde vor Beginn des Aufbaus schneite es noch … dann immerhin nur Regen

Der Bürgermeister Bernhard Schachner stellte die bange Frage, was mit seinem Dorf passieren würde, wenn man den Tourismus wegdenkt? Wie können mehrere Standbeine entwickelt werden – auch für ein kleines Dorf wie Dorfgastein? Und wenn dann auch das eine oder andere Ausbildungsangebot in der Region geschaffen wurde, wie kommen junge Menschen dorthin? Immer wieder war der öffentliche Verkehr ein präsentes Thema.

Die EU wurde bei diesem Fragen unterm Strich sehr positiv, aber nicht unkritisch gesehen. Man weiß, was man der EU verdankt, sieht aber auch die Herausforderungen und dass man nicht die Schuld für alles Schlechte nach Brüssel schieben sollte.

Eindrücke von unserer Tour: „Querbeet durch den Pongau“

Auch das Thema Migration kam zur Sprache. Für mich zeigte sich bei diesem Thema, was ich immer wieder beobachte, dass es da, wo es um das konkrete Zusammenleben geht, wohl Aufgaben und Herausforderungen gibt, wie zum Beispiel das Lernen der Sprache, aber unüberwindbare Probleme gibt es eigentlich nicht. Eher ist es ein Problem, manches Gespenst zu vertreiben, das da aufkommt, wo gerade keine realen Erfahrungen mit zugezogenen Menschen gemacht wird oder wo das Gespräch untereinander fehlt.

Für mich sehr spannend wurde es bei der Frage, wie wir das Gemeinwesen finanzieren. Es gibt ja große Bedürfnisse, die über das Private und Individuelle hinausgehen. Und den Bedürfnissen gerecht zu werden ist ja die eigentliche Aufgabe von Wirtschaft. Es kam die Frage nach einer „Maschinensteuer“ auf, aber auch die nach Steuergerechtigkeit, angesichts der Steuervermeidungsstrategien mancher großer Konzerne, die die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen schwächen. (Hier kann das komplette Gespräch angesehen werden.)

Unser zweites Kuppelgespräch fand in Bischofshofen statt. Und siehe da: die Sonne scheint und es ist richtig sommerlich warm. Der Aufbau geht dank der Hilfe von Maria Fankhauser und Andrea Folie vom Querbeet-Team wie im Flug. Auch in Bischofshofen war der Bürgermeister und einige Mitglieder des Gemeinderates mit in der Runde, und ohne die Plane transparent und offen sichtbar, kamen auch Menschen zufällig vorbei und brachten sich ins Gespräch ein.

In Bischofshofen waren ähnliche Themen präsent wir in Dorfgastein, aber der Blick ging doch auch in andere Richtungen. Die bevorstehenden Europawahlen waren auch hier präsent. Den generell positive Blick auf die EU als dem Friedensprojekt war auch hier sehr deutlich.

Für den Bürgermeister Hansjörg Obiger ging es um den inhaltlichen Austausch in der EU. Er berichtete vom wertvollen Erfahrungsaustausch zwischen Gemeinden über die Grenzen hinweg. Dabei sei es wichtig, dass wir die Sprachbarrieren überwinden und das Fremdsprachenlernen in den Vordergrund tritt.

„Mir ist wichtig, dass die EU, wieder zu dem zurückkommt, wofür sie eigentlich geplant gewesen wäre. Da zu sein für alle Europäerinnen und Europäer, für die Menschenrechte, für die Arbeitswelt, wo wir Schwierigkeiten haben mit Lohn und Sozialdumping, dass nicht immer der Profit im Vordergrund steht, sondern der Mensch.“

Samed Aksu

Mitglied der Gemeindevertretung Bischofshofen

Maria Fankhauser (oben) und Andrea Folie (unten) und zwei Kolleginnen

Zu sagen, dass es in Bischofshofen politischer wurde, ist vielleicht nicht ganz richtig, denn politisch, was es auch in der anderen Runde, aber der Blick ging mehr auch in in die Gesamtsituation der Welt, z.B. in die Frage der ökologischen Herausforderungen, die sich uns stellen! Dabei wurde auch die Ideen angesprochen, wie wir uns demokratisch mehr engagieren müssen, um die Dinge zum besseren zu wenden.

Es loht sich, den ganzen Talk auf Video anzuschauen. Die Runde war genauso lebendig und bunt, wie die erste und die Kuppel war voll besetzt. Das war am nächsten Tag in Radstadt ganz anders.

Der letzte Talk in sehr kleiner Besetzung

Wir mussten schon sehr früh aus dem Bett. Da unser Talk am Vormittag gemeinsam mit dem Wochenmarkt angesetzt war, musste die Kuppel schon um 8h halbwegs fertig dastehen. Das heißt, dass wir schon vor 6h mit dem Aufbau begonnen haben. Direkt neben dem frisch aufgestellten Maibaum!

Wir gingen über den Markt und sprachen mit den Menschen. Aber wir bemerkten schon, wie eine etwas scheuere Haltung gegenüber der EU uns entgegen kam. Warum das so war, konnten wir nicht herausfinden, denn beim Gespräch selbst blieben wir dann in ganz kleiner Runde.

Wir ließen uns nicht davon abhalten und kamen trotzdem ins Gespräch und so war Radstadt dennoch ein schöner Abschluss der Kuppeltour durch den Pongau! Im nächsten Jahr soll die Kooperation mit European Public Sphere und Querbeet weitergehen. Erste Überlegungen dazu sind schon im Gange und alle Beteiligten freuen sich auf eine Wiedersehen im Salzburger Land.

Die Querbeet-Tour hatte eine breite Trägerschaft und Unterstützung: